Erinnerung und Mahnung

„Mit diesen Stolpersteinen und mit unserem heutigen Erinnern können wir nicht ungeschehen machen, was den Opfern angetan wurde“, sagte Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick bei der fünften Verlegung von so genannten Stolpersteinen in Bruchsal. „Aber die Betroffenen und ihr schweres Los rücken wieder in unser Bewusstsein.“ Viele Angehörige, mehr als sonst, waren diesmal nach Bruchsal gekommen, um dem Gedenken beizuwohnen an ehemalige jüdische Mitbürger aus Bruchsal, die unter dem Nazi-Regime verfolgt, verschleppt und ermordet wurden. Die Stolpersteine für diese Opfer sind Pflastersteine mit einer Messingplatte und Namensinschrift, die vor Häusern auf dem Gehweg eingesetzt werden, wo jüdische und andere missliebige Menschen einstmals wohnten. Insgesamt sind jetzt in Bruchsal 78 solcher Stolpersteine vorhanden.

Die Opfer wieder ins Bewusstsein rücken

Diesmal waren es die jüdischen Familien Maier (Bismarckstraße 3), Lindauer (Bismarckstraße 12), Westheimer (Schwimmbadstraße 27), Majerowitz (Orbinstraße 7) und Bravmann (Friedrichstraße 76), vor deren ehemaligen Wohnstätten der Künstler Gunter Demnig die Steine platziert hat.
Möglich wurde die Stolperstein-Aktion und die Darstellung der Lebensgeschichten auch diesmal wieder durch die akribischen Nachforschungen von Schülern des Justus-Knecht-Gymnasiums (JKG). Florian Jung, Lehrer am JKG, hatte erneut Achtklässler dafür gewinnen können, die Zeitumstände und die Schicksale von jüdischen Familien in Bruchsal zu erforschen und nachzuvollziehen.

Schülerinnen und Schüler des JKG haben die Schicksale recherchiert

„Das war sehr interessant, was wir dabei alles herausbekommen haben“, sagte Theo, einer der jungen Geschichtsforscher. „Es war manchmal schwierig, die Spuren aufzunehmen und zu verfolgen, aber es hat uns auch betroffen gemacht.“ Krönender Abschluss der Arbeiten war dann die Kontaktaufnahme mit den Familien und als sie sich tatsächlich nach Bruchsal einladen ließen.
Bewegend waren die Zeugnisse und Berichte der Angehörigen, die aus vielen Ländern extra für diesen Tag angereist waren. Sie gaben der Gedenkstunde im Justus-Knecht-Gymnasium einen sehr authentischen Charakter und ließen Familiengeschichten lebendig werden. Genauso wie die Berichte der Schülerinnen und Schüler sehr aufmerksame Zuhörer fanden und Anerkennung erhielten. Nitza Perlman aus Kanada sprach mit sehr großem Respekt von ihrer Familie Majerowitz und sagte: „Eines der Geschenke meines Vaters an mich ist die Liebe zur deutschen Sprache.“

Die jüdischen Familien waren gut integriert

Wie aus den Berichten erkennbar, waren die jüdischen Familien damals gut integriert in die Bruchsaler Gesellschaft und es ist unverständlich, wie sich gegen diese Familien eine so große Hass- Vernichtungswelle aufbauen konnte. „Westheimers waren gute und ehrliche Leute“, hieß es in einem Bericht.
Damit junge Leute aus der Geschichte lernen, unterstützt die Bürgerstiftung Bruchsal von Anfang an die Stolpersteinverlegungen durch die Spenden-Akquise und -Verwaltung, durch die Finanzierung der jeweiligen Gedenkschrift, sowie durch einzelne Stolpersteine.

Damit junge Leute aus der Geschichte lernen

Auch wirkt sie inhaltlich an der Vorbereitung der Gedenkstunde mit. „Wir halten gerade die Nachforschungen und Berichte der Schülerinnen und Schüler für eine eminent wichtige Form, sich mit diesem dunklen Kapitel deutscher Geschichte auseinander zu setzen“, sagen Gilbert Bürk und Dorothee Eckes vom Vorstand der Bürgerstiftung. „Damit die Erinnerung erhalten bleibt und als Mahnung, dass sich Geschichte nicht wiederholt.“ (art)