Stolpersteine

„Die Schicksale haben mich sehr berührt“
In der vergangenen Woche erfolgte in Bruchsal die vierte Verlegeaktion von „Stolpersteinen“ mit dem Künstler Gunter Demnig. Insgesamt sind jetzt 55 „Stolpersteine“ verlegt. Dies sind Pflastersteine mit einer Messingplatte und Namensinschrift, die vor Häusern auf dem Gehweg eingesetzt werden, wo jüdische und andere missliebige Menschen einstmals wohnten.

Dezentrales Denkmal mit nachhaltiger Wirkung

Helga Langrock bezeichnete in einer Gedenkstunde, die der Verlegung vorausgegangen war, als Vertreterin der Oberbürgermeisterin die ‚Stolpersteine‘ als größtes dezentrales Denkmal mit besonders nachhaltiger Wirkung“. Diese Wirkung entfalten sie als Mahnmal im Boden, als Geste der Versöhnung mit den Familien der Betroffenen und in Bruchsal zusätzlich durch die Projektgruppen des Justus-Knecht-Gymnasiums, in denen Schülerinnen und Schüler unter der Anleitung ihres Lehrers Florian Jung die Lebensgeschichten der genannten Menschen aufspüren und öffentlich machen. „Was wir herausbekommen haben, ist unfassbar.“ „Diese Ungerechtigkeiten haben mich zornig gemacht.“ „Die Schicksale der Familien haben mich sehr berührt.“ So lauteten einige der Kommentare von Schülerseite. Durch Nachforschungen im Internet und im Stadt- als auch im Generallandesarchiv sowie durch persönliche Kontaktaufnahme mit den betroffenen Familien hatten die Schülerinnen und Schüler die Lebensgeschichten aufgerollt und öffentlich gemacht. In der Gedenkstunde, hatten sie die Familien vorgestellt, für die diesmal „Stolpersteine“ verlegt wurden. Die Ergebnisse der Recherche sind in einer Broschüre anschaulich dargestellt, die jeder Gast mitnehmen konnte.

Weite Reise für die Familien

Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick, die wegen eines nicht verschiebbaren Termins etwas später dazukam, dankte den Schülerinnen und Schülern ausdrücklich für ihr Engagement sowie den Gästen, „die Sie sich auf eine weite Reise gemacht haben, sowohl entfernungsmäßig als auch emotional“, sagte sie. Ebenso nahm Nicolette Kressl, die Regierungspräsidentin aus Karlsruhe, an dem Gedenken teil. Bewegend die Worte der Angehörigen, die zum Teil bis aus den USA gekommen waren. „Sehr dankbar bin ich den Schülern des Justus-Knecht-Gymnasiums, die bisher unbekannte Informationen über meine Bruchsaler Angehörigen herausfanden“, sagte Anita Geismar, deren Vorfahren Ida, Ludwig und Otto Geismar sowie Lucie de Vries am heutigen Otto-Oppenheimer-Platz, damals Adolf-Hitler-Platz, lebten. Eva Davi,ihre Groß-Cousine, die sie bis dato nicht kannte, ergänzte am Ort der „Stolperstein“-Verlegung: „Nun hat sich dank Ihrer enormen Bemühungen der Kreis für mich geschlossen. Die ‚Stolpersteine‘ sind ein Zeichen und eine Mahnung, dass sich diese und ähnliche Vorkommnisse nicht mehr wiederholen dürfen.“

Mitten in der Kaiserstraße verhaftet

Ernst-Friedrich Schäfer erinnerte an den SPD-Abgeordneten Josef Heid, der im badischen Landtag Flagge gegen rechts zeigte, was ihm 1944 die Verhaftung einbrachte „mitten in der Kaiserstraße von Bruchsal“, zitierte Schäfer die Erinnerung von Sohn Dietrich Heid, damals elf Jahre alt. „Wir haben den Vater nie wieder gesehen.“ Die Stolperstein-Verlegungen wurden durch das Engagement Bruchsaler Bürger wie Helga Langrock, Rolf Schmitt und von Mitgliedern der Friedensinitiative Bruchsal möglich, die immer wieder dieses Erinnern anmahnten und durch die Offenheit von Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick für diese Art des Gedenkens.

Wichtiges Anliegen für die Bürgerstiftung

Auch die Bürgerstiftung Bruchsal hat sich von Anfang an für dieses Projekt engagiert und entscheidend dazu beigetragen, es auf den Weg zu bringen. Sie wirkt in der Vorbereitungsgruppe für die Gedenkfeiern mit, bezahlt die dazu gehörige Broschüre und sorgt für die Spendenverwaltung zur Finanzierung der „Stolpersteine“. Für die Verlegung hat sie wie in den Vorjahren auch selbst mehrere „Stolpersteine“ gespendet.

Gegen das Vergessen

„Dieses Projekt gegen das Vergessen ist für unsere jüngere Generation äußerst wichtig und deshalb setzen wir hierfür gerne Spenden und Stiftungsmittel ein“, sagten Gilbert Bürk und Dorothee Eckes vom Vorstand der Stiftung. Stolpersteine wurden diesmal an folgenden Stellen verlegt: Otto-Oppenheimer-Platz 3 (Familie Geismar), Friedrichstraße 40 (Familie Mayer), Kaiserstraße 24 (Familie Baertig), Franz-Bläsi-Straße 17 (Jettchen Bär) und Gartenweg 37 (Josef Heid).